Google versuchte schon immer, Google Ads weiterzuentwickeln und für alle Beteiligten zu verbessern: für die Nutzer der Suchmaschine, für die Werbetreibenden, ganz sicher auch für sich selbst. Vor nunmehr vier Jahren rief Google das Triple-A aus, also die Schwerpunktsetzung auf Attribution, Audiences und Automation. Haben alle drei Punkte nicht zu unterschätzende Auswirkungen, so ist doch gerade der letzte Punkt, die Automatisierung, bei der praktischen Kampagnenbetreuung allgegenwärtig: Denken Sie an „smarte“ Kampagnentypen, automatische Gebotsstrategien, responsive Anzeigen oder auch an mittlerweile unbedeutende und fast vergessene Einstellungen wie die Anzeigenrotation.
Diese Entwicklung wird nicht von allen Google Ads-BetreuerInnen freudig begrüßt. Google hingegen argumentiert, dass der Verwaltungsaufwand durch Automatisierungstools verringert wird, dass das System Entscheidungen zu Geboten oder ausgelieferten Anzeigenvarianten in Echtzeit trifft oder dass auf Basis von Machine Learning deutlich größere Datenmengen und Signale verarbeitet werden. Warum deswegen manuelle Eingriffsmöglichkeiten ersatzlos gestrichen werden, ist trotzdem nicht erklärt.
Die Artikel in dieser und in folgenden Ausgaben versuchen, relevante Entwicklungen aufzuzeigen, Googles Best Practices zusammenzufassen sowie eine zeitgemäße Kontenbetreuung darzustellen, die es erlaubt, Potentiale für mehr Erfolg zu nutzen und eventuelle Rückschläge zu vermeiden.
Smart Bidding
Den Erfolg einer Google Ads-Kampagne können Sie erst beurteilen, wenn Sie zuvor ein Ziel festgelegt haben: Haben Sie dies erreicht, so freuen Sie sich; haben Sie es verfehlt, so sind Sie traurig. In beiden Fällen versuchen Sie, die Kampagne zu optimieren: im ersten Fall, um noch erfolgreicher zu werden, im zweiten Fall, um die Werbegelder schon bald lohnend einzusetzen.
Ein klar definiertes Kampagnenziel war also schon immer Ausgangspunkt professioneller Werbebemühungen. Mit der wachsenden Bedeutung von Automatisierung und Smart Bidding wird es sogar noch wichtiger. Denn mit dem Einsatz automatischer Gebotsstrategien geben Sie Kampagnenziele vor, die Google durch optimale Gebotsabgaben erreichen soll. Die wichtigsten Vorgaben sind dabei sicherlich Conversions und Umsatz.
Abbildung 01: alle Gebotsstrategien
Mit wertbasierten Gebotsstrategien wird der Conversion-Wert als Zielvorgabe herangezogen: also der Wert, den Sie einer Conversion beimessen. Sie legen ihn beim Erstellen des Conversion Tracking-Codes fest: entweder statisch, indem Sie etwa Newsletter-Anmeldungen immer den gleichen Wert zuweisen; oder dynamisch, indem Sie etwa im eCommerce unterschiedliche Bestellwerte berücksichtigen.
Die Gebotsoption Conversion-Wert maximieren versucht, mit Ihrem Budget einen möglichst hohen Conversion-Wert zu erzielen. Ziel-ROAS versucht ebenfalls, den Conversion-Wert zu maximieren – jedoch unter der Nebenbedingung, dass der von Ihnen vorgegebene ROAS erreicht wird.
Nach dem gleichen Prinzip sind auch beiden Gebotsstrategien aufgebaut, die für möglichst viele Conversions sorgen sollen: Conversion maximieren macht dies unter Einsatz des gesamten, von Ihnen angegebenen Budgets. Die Option Ziel-CPA versucht es unter Einhaltung des von Ihnen vorgegebenen Zielwertes, wobei nicht zwingend das Budget eingesetzt wird. Etwa wenn nicht so viele Conversions zu Ihren Wunschkosten generiert werden können.
Fast alle automatischen Gebotsstrategien sind mittlerweile wählbar, ohne dass eine Mindestanzahl an Conversions erreicht werden muss - mit der Ausnahme beim Ziel-ROAS, der zumeist 15 Conversions in den letzten 30 Tagen fordert (siehe aktuelle Anforderungen aller Kampagnentypen unter https://support.google.com/google-ads/answer/6268637?hl=de). Trotzdem funktionieren Machine Learning und damit der Einsatz von Smart Bidding immer besser, je breiter die Datengrundlage ist, aufgrund derer Google Gebote abgeben kann. Daher macht es Sinn, nicht nur richtige und qualitativ gute, sondern eben auch quantitativ ausreichende Daten bereitzustellen.
Eine breitere Datenbasis können Sie auf mehrere Arten erreichen. Um mehr Conversions und damit mehr Daten liefern zu können, erhöhen Sie im einfachsten Fall Ihr Budget, so Ihnen dies möglich ist. Oder Sie tracken zusätzlich relevante (Micro-) Conversions im Upper Funnel. Doch können Sie auch Ihre aktuellen Daten zusammenführen, indem Sie bewusst auf eine unnötige Aufgliederung der Kampagnen- und Anzeigengruppenstruktur verzichten, dafür auf eine zusammenfassende, vereinfachte Struktur setzen. Dies bietet sich natürlich beim Launch neuer Kampagnen an, sollte aber bei der Betreuung bereits bestehender Kampagnen einfließen.
Vereinfachte Kampagnenstruktur
Werbetreibende, die schon länger dabei sind, erinnern sich beispielsweise an Zeiten, als zu unterschiedlichen Konten für Performance- und Awareness-Kampagnen geraten wurde. Auch für die Ausrichtung auf die Endgeräte Computer, Laptop und Smartphone wurden zeitweilig nicht nur eigene Kampagnen, sondern sogar eigene Konten erstellt. Dies ist in der Regel nicht mehr nötig: Heutzutage reicht in der Regel ein Google Ads-Account pro Unternehmen. Ausnahmen bilden Einstellungen, die auf der Kontoebene selbst angesiedelt sind: etwa Administratives wie Währung oder Zeitzone, Zugriffsrechte, Zahlarten oder getrennte Google-Rechnungen für unterschiedliche Kostenstellen innerhalb der Firma.
Insbesondere auf Kampagnenebene gilt es mittlerweile, Kampagnen eher zusammenzulegen als aufzuteilen. Gerade in älteren Konten finden sich gerne Strukturen, bei denen Kampagnen lediglich zum Zwecke der Übersichtlichkeit nach einzelnen Themen, Marken oder Kategorien getrennt oder etwa nach Keyword-Kombinationen oder Match Types unterteilt sind. Dieses Vorgehen verringert häufig unnötigerweise die Datengrundlage und schafft so keine optimale Ausgangslage für das Machine Learning.
Zeitgemäßer ist es also, nur eine Kampagne beim selben Ziel und bei Smart Bidding zu fahren. Ist dies nicht möglich, kann als Alternative über mehrere Kampagnen mit gleichem Ziel hinweg ein Shared Budget (also ein Gemeinsames Budget, das kampagnenübergreifend festgelegt werden kann) in Kombination mit einer Portfolio-Strategie (also einer Automatisierten Gebotsstrategie, in der mehrere Kampagnen zusammengefasst werden können) verwendet werden.
Wie auf Kontoebene, so können auch hier die (Kampagnen-)Einstellungen eine Unterteilung vorgeben: etwa wenn Sie genau definierte Budgets für unterschiedliche Bereiche Ihres zu bewerbenden Sortiments einhalten müssen oder wollen. Auch mehrere Kampagnentypen erfordern häufig separate Kampagnen.
Davon abgesehen sollte eine Trennung auf Kampagnenebene insbesondere durch die von Ihnen verfolgten Kampagnenziele getrieben sein – also durch die Vorgabe, die Sie Google mithilfe der Gebotsstrategie auf Kampagnenebene mitgeteilt haben. So spricht dann auch nichts dagegen, unterschiedliche Produkte, Dienstleistungen und Angebote in einer Kampagne zusammenzufassen, solange sie das gleiche Ziel erreichen sollen: etwa den gleichen Ziel-ROAS.
Auf Anzeigengruppenebene bleibt die bekannte Vorgehensweise weiterhin ratsam: Noch immer gilt es, eine thematisch zusammenhängende Unterteilung der angebotenen Produkte und Dienstleistungen vorzunehmen und granulare Anzeigengruppen zu schnüren. Denn nur so ist gesichert, dass Sie zur Suchanfrage eines Nutzers eine inhaltlich passende Anzeige ausspielen – und dadurch Relevanz und Klickrate steigern. Doch
Google spricht davon, je Landingpage eine Anzeigengruppe zu erstellen. Dies mag zu gering erscheinen. Denn je nach Nutzer können unterschiedliche Versprechen für das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung erfolgreicher sein. Eine konkrete Jacke ist vielleicht nicht nur das passende Angebot für die Suchanfrage warme jacke, sondern auch für die Suchanfrage günstige jacke. Entsprechend sollten den Suchenden unterschiedliche Botschaften ausgespielt werden, auch wenn beide Anzeigen letztendlich auf die gleiche Jacke und damit Zielseite führen. Und diese Trennung wird typischerweise durch getrennte Anzeigengruppen sichergestellt.
Gegen diesen Einwand können Responsive Anzeigen angeführt werden. Dabei hinterlegen Sie bekanntlich zahlreiche Varianten an Headline und Descriptions. Diese werden im Idealfall von Google so kombiniert und ausspielt, dass sie für den aktuell suchenden Nutzer genau die richtigen Botschaften enthalten: Dem einen Nutzer wird in der Anzeige eine warme Jacke, dem anderen eine günstige Jacke versprochen.
Wie Sie schon an diesem kleinen Beispiel erkennen können: Nutzen Sie einerseits Machine Learning und Automatisierungen mit all den beschriebenen Potentialen, so geben Sie andererseits immer mehr Möglichkeiten der Kontrolle und manuellen Einflussnahme ab. Dies betrifft auch den Bereich des Targetings.
Search Coverage
Laut Google sind 15 Prozent der Suchanfragen, die täglich auf der Suchmaschine gestellt werden, neu und so noch nie gestellt worden (siehe https://blog.google/products/search/our-latest-quality-improvements-search/). Umso wichtiger ist es, flexibel darauf reagieren zu können und die Suchen potentieller Kunden möglichst umfassend abzudecken.
Abbildung 02: Search Coverage
Traditionell werden Ausrichtung und damit Ausspielung der Anzeigen bei Searchkampagnen mit Keywords festgelegt. Ist es Ihnen wichtig, dass Suchanfragen und Keywords möglichst genau übereinstimmen, so wählen Sie Exact Match oder auch Phrase Match als Keyword-Option (Match Type). Beide Optionen bieten Ihnen zusammen mit negativen Keywords sicherlich das effektivste Instrumentarium innerhalb des Ads-Kontos, um unerwünschte, nicht gemeinte oder sinnlose Anzeigenausspielungen möglichst zu vermeiden.
Verwenden Sie stattdessen oder zusätzlich die Option Broad Match, so geben Sie Google zum einen einen größeren Interpretationsspielraum für die hinterlegten Keywords: Suchanfragen können dann auch jenseits der ähnlichen Varianten zu Anzeigenausspielungen - und in Folge idealerweise zu Klicks und Conversions - führen. Zum anderen berücksichtigt Broad Match eventuell aber auch die letzten Suchaktivitäten des Nutzers, den Inhalt der Landingpage und andere Keywords in einer Anzeigengruppe, um die Keyword-Bedeutung besser zu interpretieren.
Exact Match-Keywords sichern Ihnen also eine (relative) Kontrolle bei der Ausspielung. Gleichzeitig ermöglichen sie jedoch nicht die Reichweite, die Ihnen Broad Match-Keywords zusätzlich bringen können. Und dadurch gehen Ihnen eventuell relevante Suchanfragen verloren, die Sie nicht mit Keywords abdecken.
Vor diesem Gefahrenszenario ist eine weitere Ausrichtungsmöglichkeit einsetzbar und kann zusätzliche Trafficanteile abdecken: Dynamische Suchanzeigen (DSA). Hier erfolgt die Ausrichtung ganz ohne Keywords. Zur Ausrichtung dienen die Inhalte der Website etwa durch einen Datenfeed oder durch die Auswahl von Kategorien, durch die Angabe von URLs. Ausgespielt werden Anzeigen, bei denen Google eigenständig Headline und Finale URL anpasst; Sie selbst geben nur die Beschreibungszeilen an. Dynamische Anzeigen werden von Google automatisch aufgrund der Seiteninhalte geschaltet. Grundlage für die Entscheidung, welche Suchanfragen für welche Produkte oder Leistungen relevant sind, bildet dabei der organische Suchindex (siehe Google Ads-Hilfe https://support.google.com/google-ads/answer/2471185).
Abbildung 03: Dynamische Suchanzeigen
Dynamische Suchanzeigen werden als Ergänzung zu Keyword-Kampagnen gesehen. Sie können in einer separaten Kampagne zusammengefasst oder als zusätzliche Anzeigengruppe in den regulären Keyword-Suchkampagnen angelegt werden. Letzteres wird mittlerweile als Best Practice kommuniziert und empfohlen – was dem bereits diskutierten Vorgehen entspricht, Kampagnen entsprechend der gleichen Kampagnenziele zu strukturieren. Denn für die ein und dasselbe Produkt muss immer der gleiche Ziel-ROAS erreicht werden, um von einem Erfolg sprechen zu können: egal ob die Bewerbung mit Dynamischen Suchanzeigen oder mit Keywords erfolgt.
Beide besprochenen Targeting-Möglichkeiten, sowohl Broad Match als auch Dynamische Suchanzeigen, lassen sich gerade in Zusammenhang mit Smart Bidding gut argumentieren. Denn automatische Gebotsstrategien geben Gebote entsprechend der Wahrscheinlichkeit ab, mit der die Anzeigenschaltung zum Kampagnenziels führt: Schätzt Google die Wahrscheinlichkeit hoch ein, so wird ein hohes Gebot abgeben, bei geringer Wahrscheinlichkeit ein niedriges Gebot. Trauen Sie dies dem System zu, so können Sie ihm durchaus auch zutrauen, mit den zusätzlich eingeräumten Targeting-Freiheiten umzugehen. Entscheidend bleibt das, was am Ende rüberkommt: dass nämlich die von Ihnen festgelegten Kampagnenziele erreicht werden. Durch eine breitere Ausrichtung im Idealfall bei gleichzeitig mehr Conversions.
Fazit und Vorschau
Mit Smart Bidding bietet Google die Möglichkeit, Kampagnen auf ihr eigentliches Ziel hin einzustellen. Wird dieses Ziel dann erreicht, so ist die Kampagne erfolgreich. Wann, wo und warum es dazu kommt, wird immer mehr an Google ausgelagert und ist für den Werbetreibenden immer weniger beeinfluss- und einsehbar. Doch Google geht noch einen Schritt weiter: mit dem Optiscore, dem Tool Auto Applied Recommendations (AAR) und dem neuen Kampagnentyp Performance Max for Retail. Lesen Sie davon in Teil zwei.