Wie es in der Natur der Sache liegt, fallen Design- und Darstellungsänderungen im Google Ads-Konto am meisten auf: In der linken Baum-Navigation kamen einige neue Sortierkriterien hinzu, die sich jedoch nur auf die Baum-Navigation selbst auswirken. Die Account-Empfehlungen durch Google wurden erweitert und machen sich nun auch neben den Graphen breit. Der Google Ads Editor wurde zur Überraschung vieler überarbeitet und dadurch eher umständlicher als einfacher zu bedienen; vor allem bei Monitoren mit geringer Auflösung wird durch die Darstellung in drei Spalten die Arbeit erschwert. Der Keyword-Planer erhält Schritt für Schritt alle Funktionen zurück, die er mit der letztjährigen Überarbeitung eingebüßt hatte.
Doch gab und gibt es auch Änderungen, die tatsächlichen Einfluss auf die Performance und die Leistungsdaten der Kampagnen haben – und deren Umstellung weit weniger prominent ausfiel. Eine davon betrifft die Gebotsstrategien.
Gebotsstrategien
Bei der Auswahl an Gebotsstrategien kommen neue Strategien hinzu, bekannte Optionen werden gelöscht bzw. automatisch umgestellt.
Mit der „Ausrichtung auf Suchseitenposition“ erscheinen Anzeigen auf der ersten Google-Suchergebnisseite oder an den Top-Positionen. Mit dem „Anteil an möglichen Impressionen gegenüber Mitbewerbern“ kann gewählt werden, welche Domain wie häufig bezüglich Anzeigenrang übertroffen werden soll.
Beide Optionen verschwinden und werden umgestellt auf den „angestrebten Anteil an möglichen Impressionen“ (Target Impression Share). Hierbei legen Sie zwei Einstellungen fest, die Google durch automatische Gebotsabgaben zu erreichen versucht (siehe Abbildung 01: Gebotsstrategie „angestrebter Anteil an möglichen Impressionen“): Sie geben an, welchen Prozentsatz der überhaupt möglichen Impressionen Sie mit Ihrer Anzeige erreichen wollen. Und Sie geben an, ob die Anzeige dabei auf der obersten Top-Position, oberhalb der Suchergebnisse auf den Top-Positionen oder irgendwo auf der ersten Suchergebnisseite erscheinen soll. Optional lässt sich ein maximales CPC-Gebot einstellen, um Auswüchse nach oben zu begrenzen.
Abbildung 01: Gebotsstrategie „angestrebter Anteil an möglichen Impressionen“
Als Beispiel nennt die Google-Hilfe einen angestrebten Anteil an möglichen Impressionen von 65 Prozent für die oberste Position: „Die Gebote werden dann automatisch so festgelegt, dass wenn Ihre Anzeigen ausgeliefert werden, sie zu 65 % ganz oben auf der Suchergebnisseite zu sehen sind.“ (https://support.google.com/google-ads/answer/9121108)
Nicht erklärt wird hingegen, ob Impressionen an anderen Positionen oder jenseits der 65 Prozent bewusst vermieden werden – ein Effekt, der möglicherweise keineswegs von Ihnen gewollt ist. Auch das Verhalten bei eingeschränktem Budget ist an keiner Stelle erklärt.
Ebenfalls noch als neue Gebotsstrategie darf die Option „Conversion-Wert maximieren“ gelten. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, bei festgelegtem Budget den Gesamt-Conversion-Wert einer Kampagne zu erhöhen. Als Voraussetzung müssen hierfür beim Conversion-Tracking transaktionsspezifische Conversion-Werte übergeben werden. Diese Option ist derzeit für Search-Kampagnen als Beta sowie für Shopping-Kampagnen verfügbar.
Ebenfalls angekündigt ist eine weitere Funktion zum Conversion-Wert: Regeln, mit denen es möglich ist, Conversion-Werte auf Basis von Geräten, Zielgruppen und Standorten zu gewichten. So kann beispielsweise abgebildet werden, dass ein neuer Kunde aus Nordrhein-Westfalen den Wert X, ein neuer Kunde aus Bayern den Wert Y hat oder eine Anmeldung über ein Mobilgerät anderswertig als eine Anmeldung über ein Desktopgerät ist.
Und als Letztes: Saisonalitäten sollen bald manuell anpassbar sein. Zwar kennt Google natürlich auch Ereignisse wie Weihnachten, Valentinstag oder Black Friday und versucht diese im Rahmen der Gebotsstrategien automatisiert zu berücksichtigen. Doch lassen sich häufig genug zeitliche Verzögerungen feststellen, so dass der Algorithmus erst auf die veränderten Gegebenheiten reagiert, wenn der Anlass eigentlich schon vorbei ist.
Damit Werbende deswegen nicht von den Gebotsstrategien zurück auf manuelle Gebote switchen, will Google die Strategien nun anpassbar und planbar machen. Im Voraus können also Einstellungen für den Ereigniszeitraum definiert werden, die dann zeitlich punktgenau greifen – bei offiziellen Feiertagen ebenso wie bei unternehmenseigenen Aktionen.
Conversion-Aktionen
Smart Bidding ist eine Untergruppe der Gebotsstrategien. Beispiele dafür sind die eben erwähnten Optionen „angestrebte Anteil an möglichen Impressionen“ und „Conversion-Wert maximieren“, aber insbesondere auch der „auto-optimierte CPC“, „Conversions maximieren“, „Ziel-CPA“ und „Ziel-ROAS“. Mit ihnen wird die Gebotsabgabe bei jeder Auktion durch maschinelles Lernen automatisch von Google angepasst, so dass die festgelegten Zielvorgaben bestmöglich erreicht werden.
Um conversionbasierte Gebotsstrategien nutzen zu können, muss Conversion-Tracking aktiviert sein. Google optimiert beim Smart Bidding nur auf diejenigen Conversions, die „in Conversions“ einbezogen werden – eine Einstellung, die beim Erstellen des Conversion-Codes festgelegt werden muss. Diese gilt grundsätzlich – und bis zuvor ausschließlich – für das gesamte Konto und damit für alle Kampagnen. Daraus können sich bei der Optimierung auf Conversions und beim Erreichen eines Ziel-CPAs Probleme ergeben.
Ein Beispiel: Sie vertreiben auf Ihrer Website ein Produkt und verfolgen zwei unterschiedliche Ziele als unterschiedliche Conversion-Aktionen: den Download eines Informations-PFDs für User, die das Produkt noch nicht kennen, sowie den Verkauf des Produktes. Entsprechend unterschiedlich sind Ihre Kampagnen aufgesetzt: Kampagnen mit allgemeinen, thematisch weiten Keywords haben den Download als Ziel, Kampagnen mit speziellen Suchbegriffen nach dem Produkt den Sale.
Gilt die Einstellung „in Conversions einbeziehen“ Konto-weit, so optimiert Smart Bidding je nach Wahl also für mindestens eine Kampagne nicht (ausschließlich) auf das tatsächlich gemeinte Ziel: Wird die Sale-Conversion „in Conversions“ einbezogen, so wird sie dies auch in der Download-Kampagne; wird die Download-Conversion „in Conversions“ einbezogen, so wird sie dies auch in der Sales-Kampagne. Bei Letzterem kann es also theoretisch passieren, dass Google ausschließlich auf Downloads maximiert, obwohl eigentlich Sales generiert werden sollen – eine gänzlich andere Zielsetzung, der Sie einen gänzlich anderen Wert zuweisen und für die Sie auch ein anderes Budget eingestellt haben (nämlich das der Download-Kampagne).
Um solche Probleme zu vermeiden, kann die Zuordnung nunmehr je Kampagne individuell eingestellt werden. Hierfür treffen Sie einfach die entsprechende Auswahl in der Kampagneneinstellung „Conversions“ im erweiterten Bereich (siehe Abbildung 02: Conversion-Aktionen für diese Kampagne auswählen). Für obiges Beispiel optimiert Smart Bidding in der Sales-Kampagne somit nun also tatsächlich auf Sales, in der Download-Kampagne tatsächlich auf Downloads.
Abbildung 02: Conversion-Aktionen für diese Kampagne auswählen
Wählen Sie nicht nur eine, sondern mehrere Conversion-Aktionen aus, so werden diese automatisch zu einer „Conversion-Aktionsgruppe“ zusammengefasst. Diese steht Ihnen dann auch für weitere Zuordnungen auf Kampagnenebene zur Verfügung. Zu finden sind sie im Conversion-Bereich (siehe Abbildung 03: Tools > Conversions > Conversion-Aktionsgruppen).
Abbildung 03: Tools > Conversions > Conversion-Aktionsgruppen
Beachten Sie: Die Zuordnung auf Kampagnenebene ist nur dann sinnvoll, wenn Sie mit Smart Bidding unterschiedliche Ziele verfolgen und auf Anzahl der Conversions oder auf Ziel-CPA optimieren. Nicht nötig ist diese Unterscheidung, wenn Sie in Bezug auf Conversion-Werte optimieren (Conversion-Wert maximieren oder Ziel-ROAS) und diese Werte je Conversion-Aktion korrekt an- sowie übergeben. Ebenfalls nicht erforderlich ist dieses Prozedere für Auswertungen: Unterschiedliche Conversion-Aktionen lassen sich wie gewohnt über die Segmentfunktion oder benutzerdefinierte Spalten anzeigen.
Standortoptionen
Die Auslieferung von Anzeigen wird geografisch auf Kampagnenebene über die Einstellung „Standorte“ festgelegt. Über die Standortoptionen lässt sich detailliert festlegen: Sollen die Anzeigen Usern angezeigt werden, die sich für diese Standorte interessieren (etwa ausgedrückt durch eine entsprechende Suchanfrage wie „autovermietung hamburg“) und/oder die sich in dieser Zielregion befinden.
Letzteres wurde nun stillschweigend erweitert. Angesprochen werden nicht mehr nur „Nutzer, die sich gerade in der Zielregion befinden“, sondern auch diejenigen, die sich „regelmäßig“ dort befinden. Steht eine genauere Erklärung, was „regelmäßig“ genau bedeutet, noch aus, so können durch diese Änderung bei Kampagnen mit regionaler Ausrichtung auf jeden Fall mehr User angesprochen werden – was durchaus Auswirkungen auf die Leistungsdaten haben kann. Ein beliebtes Beispiel sind Pendler, die zuhause nun auch solche Werbung angezeigt bekommen, die eigentlich auf die Region ihres Arbeitsplatzes ausgerichtet ist. Ob dies im Einzelfall tatsächlich Sinn macht und zur Anwendung kommt, entscheidet das Google System auf Grundlage des maschinellen Lernens.
Leistungsdaten
Die altbekannte Leistungsgröße „durchschnittliche Anzeigenposition“ wird künftig nicht mehr angezeigt. Sie zeigt an, an welcher Position die eigene Anzeige durchschnittlich im Vergleich zum Mitbewerb ausgeliefert wurde. Eine Position von 2 besagt also lediglich, dass die Anzeige als zweitgereihte ausgeliefert wurde. An welcher Stelle dies war, bleibt unklar. Theoretisch kann dies nämlich in den Top-Positionen, unterhalb der organischen Suchergebnisse oder gar erst auf einer nachfolgenden Seite sein.
Ihren Ersatz findet die durchschnittliche Anzeigenposition in zwei Daten: Die „Rate der Impressionen an oberen Positionen im Suchnetzwerk“ (Impr. obere Pos. %) gibt den Prozentsatz an, zu dem die Anzeigenschaltungen an oberer Position ausgeliefert wurden. Oder laut Formel aus der Google-Hilfe: Impressionen an oberen Positionen / Impressionen (siehe https://support.google.com/google-ads/answer/7501826#top_impression). Analog ergibt sich die „Rate der Impressionen an oberster Position im Suchnetzwerk“.
Laut Google haben diese Werte den Vorteil, nicht mehr auf den Vergleich zum Mitbewerb, sondern deutlich stärker auf die tatsächliche Position auf der Suchergebnisseite abzuzielen. Dies ist natürlich trotzdem kein Grund, die Anzeigenposition gleich komplett zu löschen.
Verwechseln Sie die „Rate der Impressions …“ nicht mit dem bekannten „Anteil an möglichen Impressions …“, also dem Impression Share. Dieser bezieht sich auf die Gesamtheit der möglichen Impressions.
Der „Anteil an möglichen Klicks“ (Click Share) ist mittlerweile für Search- und Shoppingkampagnen verfügbar. Er stellt laut Google „eine Schätzung aller Klicks, die Sie unter Umständen erhalten hätten“ dar und hilft herauszufinden, „herausfinden, welche Einstellungen Sie ändern müssen, um mehr Klicks zu erzielen“. Wie alle Schätzungen von Google sollte auch der Anteil an möglichen Klicks zur Kenntnis genommen, aber mit Vorsicht genossen werden.
Für den Anteil an möglichen Klicks wird die gleiche Grundlage wie für den Anteil an möglichen Impressionen herangezogen: alle Anzeigenauktionen, an denen eine Anzeige teilgenommen hat und in Folge ausgeliefert, geklickt oder nicht ausgeliefert wurde. Daher kann es sinnvoll, die beiden Werte gemeinsam zu betrachten und mögliche Erkenntnisse abzuleiten. Ein hoher Impression Share mit niedrigem Click Share kann darauf hindeuten, dass es wenig relevante Anzeigen zu hoher Ausspielung schaffen – Budget und Gebote somit genügend hoch sind, Potentiale aber etwa in den Anzeigentexten und -erweiterungen liegen. Umgekehrt lässt ein niedriger Impression Share mit hohem Click Share auf Potentiale in der Auslieferung der relevanten Anzeigen vermuten – was eine weitere Analyse nach sich ziehen könnte, ob sich die entgangenen Impressions mit fehlendem Budget oder mit einem niedrigen Anzeigenrang erklären lassen.
Migration von Display-Keywords zu benutzerdefinierten Zielgruppen
Nach langer Ankündigung werden seit einigen Wochen nunmehr alle Display-Anzeigengruppen mit der Ausrichtung auf Zielgruppen-Keywords automatisch durch Google auf „benutzerdefinierte Zielgruppensegmente mit gemeinsamer Absicht“ umgestellt. Insbesondere bei Leistungsänderungen gilt es, die Ergebnisse der Migration und deren Auswirkungen zu analysieren: So konnten schon Umstellungen auf Zielgruppendefinitionen mit gerade einmal einem Keyword und absurde Gebotsanpassungen festgestellt werden, die keineswegs die von Google versprochene „leichte Leistungsverbesserung“ zur Folge haben. Auch gilt es zu prüfen, ob tatsächlich noch die gleiche Zielgruppe und Zielgruppengröße angesprochen wird. Denn immerhin erfolgt mit der Umstellung auch ein Wechsel von kontextbezogener auf interessenbezogene Ausrichtung. Und nicht immer sind definierte Websiteinhalte identisch mit der Definition der Zielgruppe, die angesprochen werden soll.
Schluss
In der ersten Hälfte des Jahres gab es tatsächlich so manche Änderungen, die sich durchaus auf die Leistung der Google Ads-Kampagnen auswirken konnten. Nicht immer wurden sie ausreichend publik gemacht, oftmals konnten sie nur durch genaues Hinsehen entdeckt werden. Ob es in 2019 allerdings noch zu einer wirklich großen Neuerung kommt, wird die zweite Jahreshälfte zeigen.